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Das steinerne Brautbett, Harry Mulisch Dresden, Stadtführung Harry Mulisch DresdenDer Autor: Harry Mulisch

Der Autor des Romans "Das steinerne Brautbett" sagte über sich: "Ich bin der Zweite Weltkrieg." Tatsächlich entstammt er einer Familie mit ganz unterschiedlichen Wurzeln.

Harry Mulisch war der Sohn von Karl Viktor Kurt Mulisch, einem ehemaligen österreichischen Offizier, und Alice Schwarz, einer  Jüdin aus einer Frankfurter Bankiersfamilie. Sein Vater war während der Zeit der deutschen Besetzung der Niederlande (1940–45) Personaldirektor von Lippmann, Rosenthal & Co., einer Bank, deren Aufgabe die Arisierung jüdischen Eigentums war. Für diese Tätigkeit musste der Vater nach dem Krieg drei Jahre in ein Internierungslager, er verstarb 1957 an den Folgen des Aufenthalts in diesem Straflager für Kollaborateure. Allerdings hatte der Vater durch seine leitende Position seine jüdische Ex-Gattin und den Sohn vor den Nationalsozialisten und der Deportation schützen können, während Mulischs Großmutter und Urgroßmutter mütterlicherseits im KZ Sobibor ermordet wurden. 1936 ließen sich seine Eltern scheiden; Harry Mulisch wohnte bei seiner Mutter und wurde großenteils durch die Hausangestellte Frieda Falk erzogen. Nach dem Umzug der Mutter nach Amsterdam lebte er bei seinem Vater in Haarlem. Mulisch wuchs zweisprachig (deutsch und niederländisch) auf. Die Mutter emigrierte 1951 in die USA.

Diese Bindung Mulischs zwischen Verfolgung wegen seiner jüdischen Herkunft einerseits (über die Mutter) und der Kollaboration mit den nationalsozialistischen deutschen Besatzern andererseits (über den Vater) prägte ganz erheblich sein schriftstellerisches Werk. Mulisch behauptete von sich aufgrund dieser Verbindung, er sei der Zweite Weltkrieg („Ik ben de Tweede wereldoorlog“). Mulisch besuchte von 1933 bis 1939 die Grundschule in Leiden und wechselte anschließend auf das Christliche Lyceum in Haarlem, das er im Mai 1945 ohne Abschluss verließ. Seine erste Kurzgeschichte De Kamer wurde am 8. Februar 1947 in der Wochenzeitschrift Elseviers Weekblad veröffentlicht. Neben der Arbeit als Schriftsteller war Mulisch von 1958 bis 1962 als Redakteur für die Zeitschrift Podium tätig und arbeitete für die Zeitschriften Randstad (1961–1969) und De Gids (1965–1990). Ab 1962 war er Vorstandsmitglied des einflussreichen Literaturverlags De Bezige Bij.

Mulisch war 1961 Berichterstatter beim Eichmann-Prozess in Israel. Daraus entstand seine Reportage Strafsache 40/61, die 1963 mit dem Vijverberg-Prijs ausgezeichnet wurde. Seit 1962 war er mit Hannah Arendt befreundet, die ebenfalls Prozessbeobachterin war und das Werk Eichmann in Jerusalem verfasst hat. In den 1960er und 1970er Jahren engagierte sich Mulisch öffentlich gegen den Kalten Krieg und den Vietnamkrieg und war zeitweise Anhänger der niederländischen Provo-Bewegung. Ab Anfang der 1980er Jahre beteiligte er sich an der niederländischen Friedensbewegung. Weltweite Beachtung fanden seine Romane Das Attentat (1982) und Die Entdeckung des Himmels (1992); im ersteren Roman geht es um die Folgen der Ermordung eines mit dem NS-Regime kollaborierenden niederländischen Polizisten, in Die Entdeckung des Himmels wird das Verhältnis von Wissenschaft und Religion auf mystische Weise behandelt. In der niederländischen Nachkriegsliteratur war oft von den „großen Drei“ die Rede – gemeint sind Willem Frederik Hermans, Gerard Reve und Harry Mulisch. Nach dem Tod Hermans’ und der fortschreitenden Demenzerkrankung Reves nannte sich Mulisch manchmal scherzhaft den „großen Einen“ („de grote Eén“). Das literarische Schaffen Mulischs umfasst ein weites Spektrum aus journalistischen Arbeiten, Erzählungen, Romanen, Dramatik, Lyrik, Opernlibretti und philosophischen Essays. Harry Mulisch zog nach dem Tod seines Vaters 1958 nach Amsterdam. 1971 heiratete er die 21 Jahre jüngere Künstlerin Sjoerdje Woudenberg, mit der er zwei Töchter (* 1971 und * 1974) bekam. Seit 1989 lebte er mit seiner Freundin Kitty Saal zusammen, mit der er einen Sohn (* 1992) bekam. Im Jahr 2002 wurde ihm vom Deutschen Botschafter in Amsterdam, Edmund Duckwitz, das Bundesverdienstkreuz erster Klasse für Das Attentat und Die Entdeckung des Himmels aufgrund der „wichtigen Vermittlerrolle seiner Werke“ überreicht. Im Jahr 2006 wurde zu seinen Ehren der 1971 entdeckte Planetoid Nr. 10251 mit dem Namen Mulisch benannt. Harry Mulisch starb am 30. Oktober 2010 im Alter von 83 Jahren in seinem Haus in Amsterdam an den Folgen seiner Krebserkrankung.

 

 

 

 

 

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