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Dürers Selbstbildnis03.02.2012

München und Nürnberg streiten um Dürer: der Direktor der Dresdner Gemäldegalerie bezieht Position

Der Fall ist eigentlich einfach. Das Nürnberger Germanische Nationalmuseum organisiert eine große Dürer-Ausstellung und bitte die Alte Pinakothek in München um die Ausleihe von Dürers „Selbstbildnis mit Pelzkragen,“ zweifelsohne eines der berühmtesten Werke des Malers und damit ein Glanzstück der Ausstellung. Nun erfolgt eine Reaktion, die für Nürnberg zwar nicht vorteilhaft ist, aber im Museumsalltag immer wieder geschieht: der Direktor der Pinakothek lehnt die Ausleihe ab mit der Begründung, daß Dürers Bild für den Transport zu fragil und als eines der Hauptwerke des Museums unabkömmlich sei. Ein interner Vorgang zwischen zwei Museen, wie er tagtäglich passiert, ohne daß die Öffentlichkeit davon erfährt. Was ist passiert? Der Bayerische Landtag hat sich der Sache angenommen und alle Fraktionen haben den Direktor der Alten Pinakothek aufgefordert, daß Bild herauszurücken und nach Franken zu schicken. Der Direktor verbat sich daraufhin öffentlich eine Einmischung der Politik in Fachfragen, was einige Politiker wiederum erzürnte, die das Museum mit einer „untergeordneten Behörde“ verglichen, der es nicht zustehe, Vorgesetzte – also den Landtag – zu kritisieren. Die Emotionen kochen hoch, das alte Mißtrauen zwischen Franken und Altbayern ist reaktiviert.

Der Direktor, Klaus Schrenk, betont, seine Entscheidung habe keine politischen Hintergründe, sondern sei ausschließlich mit Blick auf das fragile Kunstwerk entstanden. Das Gemälde ist tatsächlich in einer sehr anfälligen Technik ausgeführt, Öl auf einem inzwischen dünnen Holzgrund, der leicht auf Vibration und Temperaturunterschiede reagiert. Aus konservatorischer Sicht also eine nachvollziehbare Entscheidung.

Der Direktor der Gemäldegalerie Dresden, Bernhard Maaz, hat sich nun in einer Stellungnahme zu diesem Fall geäußert: was für sich bereits ungewöhnlich ist und die Grundsätzlichkeit der Fragestellung unterstreicht. Er ergreift Partei für seinen Münchener Kollegen und weist daraufhin, daß auch der angefragte Dürer-Altar (Die sieben Schmerzen Mariae) aus Dresden nicht nach Nürnberg ausgeliehen wird, und zwar aus denselben konservatorischen Gründen. „Der Steuerzahler leistet sich Museen, um darin das Bewahrenswerte aus der Kunst-, Literatur- oder Weltgeschichte vorzufinden. Er bezahlt dafür nicht nur das Aufsichtspersonal, das dem Museumsbesucher den Weg weisen kann oder die Kunstwerke davor schützen soll, daß sie angefaßt oder gefährdet werden, sondern auch die Restauratoren und Konservatoren.“ Es ist die Aufgabe der Museen, Kunst  zu sammeln, zu bewahren und zu erforschen.

Der Dürer-Streit beinhaltet aber noch eine weitere Komponente. Es ist nicht nur ein Machtstreit zwischen Kunsthistorikern und Politikern, es ist auch ein Streit innerhalb des Museumsbetriebs. Man kann sich fragen, ob hinter den Reaktionen der Politik nicht ein enttäuschter Museumsleiter steckt, der seinen Kampf um einen wichtigen Publikumsmagnet für seine Ausstellung nicht mehr mit kunsthistorischen Mitteln austrägt. Was kein schöner Stil wäre. Was allerdings auch zeigt, in welch schwieriger Lage sich heute Museen befinden. Im immer schnelleren Ausstellungsbetrieb müssen sie mit immer neuen und größeren Projekten Aufmerksamkeit erregen, angetrieben von einer Politik, die zunehmend auf größere Eigenverantwortung, d.h. auch Eigenfinanzierung, der Museen andringt. Insofern streitet man in Bayern nicht nur um Kompetenzen, sondern ganz schnöde um das Geld für die eigene Institution. Und dieser Streit ist rein politisch, nicht kunsthistorisch motiviert.

Mehr Informationen erhalten Sie auf http://www.zeit.de/kultur/kunst/2012-01/duerer-ausstellung-streit

 

 

 

 

 

 

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